Wertebotschafter

Miteinander Der 15-jährige Oberwiesenbacher Jakob Mayr ist Wertebotschafter der Realschule Krumbach. Wie er dazu kam und was er vorhat

Wertebotschafter

Krumbach „Respekt ist und bleibt die wertvollste Währung“, steht in großen Lettern auf dem Plakat. Geschrieben haben das Jakob Mayr und sein Team bei der Ausbildung zum Wertebotschafter. 27 Schüler und Schülerinnen aus ganz Schwaben nahmen an dem Online-Workshop teil – eine Veranstaltung im Rahmen des Projektes „Werte machen Schule“ des Kultusministeriums.

Der 15-Jährige aus Oberwiesenbach ist Schüler an der Realschule in Krumbach. Wie kam er dazu, Wertebotschafter zu werden? Bei einem Schulentwicklungstag hörte die Betreuungslehrerin Simone Schäffler zum ersten Mal von dem Projekt. „Eine Postkarte hat uns dann informiert, dass jetzt schwäbische Schulen an der Reihe sind“, verrät sie. Überzeugt von der Idee, hat sie eine Konferenz mit den Klassensprechern der in Frage kommenden 8. und 9. Jahrgangsstufen einberufen. Die Schüler stimmten in der Wahl für Jakob. Überrascht war die Pädagogin davon nicht: „Jakob ist auch Schülersprecher.“

Die Bewerbung an „Werte machen Schule“ hat die Lehrerin geschrieben. Von da an hat der Realschüler alles eigenverantwortlich geregelt. „Er wurde direkt kontaktiert, musste sich selbst anmelden“, erinnert sich Simone Schäffler. „Nicht die Schule stand im Vordergrund, sondern Jakob.“ Das begrüßt die Krumbacherin: „Er hat das wirklich toll gemeistert.“

Der Tischtennis-Freund ist auch sonst sehr engagiert. In der Schülermitverwaltung organisiert er immer wieder Aktionen, um den Schulalltag zu verschönern – etwa Waffelverkauf oder Wintergrillen mit dem Hausmeister. Beliebt seien auch die Mottowochen. „Wir geben ein Thema vor, die Schüler dürfen dann passend gekleidet in den Unterricht kommen“, erklärt Jakob. Da staunt ein Lehrer dann schon mal über Schüler mit Schlafmützen auf dem Kopf. „Den geplanten Faschingsball mussten wir leider absagen“, bedauert der Schülersprecher.

Der Schulleiter: „Corona hat uns eingeholt.“

Kinder und Jugendliche mussten in der Pandemie auf Vieles verzichten, was für den Alltag junger Menschen wichtig ist. „Wir haben zu Beginn des Schuljahres versucht, wieder AGs auf die Beine zu stellen“, erklärt Schulleiter Rudolf Kögler. „Corona hat uns dann aber eingeholt.“ Es sei ihm ein großes Anliegen, wieder zu reaktivieren, was vor der Pandemie stattfand. Erschwert wird dieses Ziel, weil keine Veranstaltungen an der Schule möglich sind. „Wenn die Schüler andere in Aktion sehen, motiviert sie das natürlich, auch mitzumachen.“

Umso erfreulicher, dass Jakob von der Wertebotschafter-Schulung einige Ideen mitgebracht hat. Schließlich ist ein zentrales Ziel des Projektes, die Bedeutung von Werten unter den Schülern zu verbreiten. „Eine Wertewoche, oder zumindest ein Projekttag ist geplant.“ Dem Oberwiesenbacher sei aufgefallen, dass viele Schüler keine konkrete Vorstellung von Werten hätten, über die in der Schule gesprochen werden sollte. Besonders wichtig sei der eingangs erwähnte Respekt. „Wie gehen wir miteinander um?“, nennt der Wertebotschafter als zentrale Frage. Geborgenheit, Zusammenhalt und Offenheit sind konkrete Beispiele für weitere Aspekte. „In der Bezeichnung ,Wertebotschafter’ steckt auch die Wertschätzung“, betont Simone Schäffler. Diese Wertschätzung sei über grundlegende Höflichkeiten wie „Guten Morgen“, „Bitte“ und „Danke“ hinaus gerade an einer Schule von großer Bedeutung. „Das ist manchmal durch all die Regeln im Alltag verloren gegangen.“

Das Onlineseminar hat die Wertebotschafter gut vorbereitet. Neben dem Wissen über Werte vermittelten die Referenten auch praktische Methoden. „Wir haben zusammen kleine Filme gemacht, die wir unseren Mitschülern zeigen werden“, berichtet Jakob. Medienkompetenz spielt in Zusammenhang mit Werten eine große Rolle. In einer Umfrage wurden die Teilnehmer gefragt, was sie aus dem Workshop mitgenommen haben. Die Betreuungslehrerin macht eine interessante Beobachtung: „An erster Stelle steht die Antwort: neue Freunde.“

Das verdeutlicht, wie wichtig soziale Interaktion für Jugendliche ist. „Man spricht immer vom Schulleben“, kommentiert Rudolf Kögler. „Das geht weit über den Unterricht hinaus.“ Kinder und Jugendliche sollen sich an ihrer Schule wohlfühlen.

Wichtige Kernkompetenzen seien natürlich Fächer wie Mathe und Deutsch. „Aber nach seiner Schulzeit denkt man nicht an einzelne Mathestunden zurück.“ Schulfahrten, Konzerte oder Theateraufführungen seien es, die bleibende Erinnerungen und ein Gemeinschaftsgefühl schaffen. „Und damit sind wir wieder bei den Werten.“

Der Schulleiter und die Betreuungslehrerin stehen voll hinter Jakob: „Es ist toll, mit welchem Engagement er bei der Sache ist.“ Warum verbringt der 15-Jährige seine Freizeit bei Workshops und mit Projekttagen, statt mit dem Smartphone auf dem Sofa zu chillen? „Ich setzte mich gerne für andere ein“, antwortet Jakob. „Es gibt überall Dinge zu verändern.“ Die Bedürfnisse seiner Mitschüler zu erkennen und darauf zu reagieren, ist sein erklärtes Ziel. Dafür gebührt ihm: Respekt.

VON MARC HETTICH

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